Reeder auf dem Weg nach Draußen

Zu den ersten erfolgreichen Programmen auf dem iPhone gehörten Feed-Reader. Unterwegs die abonnierten Feeds zu checken, ist ein sehr passender Anwendungsfall für eine Smartphone.

Die Suche nach dem passenden Feed-Reader gehörte auch bei mir zu den ersten “App-Entscheidungen”. Silvio Rizzis App Reeder machte bei mir — wie auch bei viele Anderen — das Rennen.

Reeder erfüllte nicht nur meiner Anforderungen an einen Feed-Reader auf einer mobilen Plattform, sondern er definierte sie auch.

Ich benutzte Reeder auf iPhone, iPad und Mac und war zufrieden. Kein Grund nach Alternativen zu suchen.

Das änderte sich, als Google den Google Reader zum 1.7.2013 abkündigte. Ich musste mir einen neuen Feed-Sync-Dienst suchen und entschied mich für Fever. Die iPhone-Version von Reeder unterstütze zwar zum Zeitpunkt meines Umstiegs bereits Fever, nicht aber die iPad- und Mac-Versionen.

Während das Fehlen der aktualisierten Mac-Version aufgrund des Web-Front-Ends von Fever zu verschmerzen ist, sieht es beim iPad anders aus. Das iPad ist mein primäre Werkzeug zum Lesen von Feeds. Also müsste eine Zwischenlösung her.

Suche nach einem alternativen Feed-Reader für das iPad

Als ich mich Ende April nach einer Alternative für Reeder auf dem iPad umsah, fand ich nur zwei Apps: Sunstroke und Ashes (in der Reihenfolge wie ich sie gefunden und ausprobiert habe).

Beide Apps arbeiten nur mit Fever zusammen und unterstützen daher die besonderen Features des Dienstes. Sunstroke hat mich damals nicht beeindrucken können. Im Erscheinungsbild war es mir einfach zu spröde1. Daher bin ziemlich schnell zu Ashes gewechselt. Funktionale Unterschiede habe ich zum damaligen Zeitpunkt nicht festgestellt.

Ashes wurde der Feed-Reader der Wahl und zog anstelle von Reeder ins Dock von meinem iPad.

So richtig zufrieden kann ich mit der Wahl nicht gewesen sein, denn Ende Juni verlockte mich ein Posting auf dem iPhoneBlog.de dazu die Version 2 von Mr. Reader auszuprobieren. Mr. Reader unterstützt mehrere Feed-Sync-Dienste und seit jenem Release auch Fever.

Der Start mit Mr. Reader war etwas holperig. Die UI und das Handling gefiel mir nicht. Ich bereute schon die Ausgabe2. Nachdem ich die eine oder andere Einstellung angepasst und ich mich an die Gesten gewöhnt hatte, hat dann Mr. Reader Ashes aus dem Dock vertrieben.

Ashes, Mr. Reader und Sunstroke sind nach meiner Kenntnis die einzigen Feed-Reader auf dem iPad, die Fever unterstützen. Während Mr. Reader (leider!) iPad-only ist, laufen die anderen beiden auch auf dem iPhone.

Mein alter Favorit Ashes hat bei mir nachträglich deutlich an Punkten verloren, als ich festgestellt habe, dass es auf dem Server bereits als gelesen markierte Artikel nicht herunterlädt3.

Ungeschlagener Favorit ist für mich Mr. Reader.

Hat Reeder noch eine Chance?

Eigentlich hatte ich nur einen Feed-Reader für das iPad gesucht, um die Zeit bis zum Release der neuen Version von Reeder für das iPad zu überbrücken. Spätestens zum 1.7., als die Nutzer von Google Reader umsteigen mussten, hätte die neue Version verfügbar sein müssen. Wir haben jetzt Anfang August und es gibt keine konkrete Ankündigung eines Releasezeitpunktes. Die Version für das iPhone, die auch Fever unterstützt ist momentan kostenlos im App-Store erhältlich. Die Versionen für iPad und Mac, die zuletzt beide ebenfalls kostenlos waren, sind aus den jeweiligen App-Stores verschwunden.

Ich habe die UI von Reader for iPad geliebt. Ich bin jedoch mittlerweile so an den UI-Ansatz von Ashes, Mr. Reader und Sunstroke so gewöhnt, dass mir die früher geliebte UI von Reeder seltsam fremd vorkommt.

Auch auf der funktionalen Seite wird es Reeder schwer haben, wenn der Funktionsumfang der iPad-Version nicht deutlich über den der heutigen iPhone-Version hinaus geht.

Alle vier Apps (incl. Reeder for iPhone) bieten die Möglichkeit Inhalte über eine — mehr oder minder — große Zahl4 von Diensten zu sharen.

Ashes und Mr. Reader gehen weiter und bieten dem Benutzer die Möglichkeit weitere Dienste selbst zu ergänzen5. Das geht über die Vorgabe von URLs, die zu Webdiensten weiterleiten, Bookmarklets starten oder andere Apps aufrufen. Der Aufruf einer anderen App muss Dank des x-callback-url-Mechanismus keine Einbahnstraße mehr sein, bei der man in der aufgerufenen App “stecken” bleibt, sondern eine x-callback-url-fähige App ruft abschließend die aufrufende App wieder auf. Wenn man Apps wie Drafts, Pythonista oder dem angekündigten Editorial als Glue benutzt, bieten sich interessante Anwendungen.

In Reeder for iPhone ist dieses Konzept noch nicht umgesetzt, sondern es werden nur die im Programm implementierten Sharing-Dienste unterstützt. Das mag die Anforderungen von 80+% der Benutzer erfüllen, aber ich erwarte heute mehr. Ein Reeder for iPad, dass hier nicht mehr bietet, wäre für mich uninteressant.

Bauchgefühle

Silvio Rizzi hat bei mir aber auch einen Teil jener Sympathie verspielt, die mich trotz Widrigkeiten am Produkt festhalten lassen würde.

Ich zahle gerne für gute Apps und unterstütze so die Arbeit der Entwickler. Ich bedauere es auch, dass das Bezahlmodell in Apples App-Store es den Entwickler schwer bis unmöglich macht, für die erfolgte Weiterentwicklung erneute Einnahmen zu erzielen. Dennoch gibt es zwei Punkte, die bei mir Sympathiekiller für Bezahl-Apps sind:

  1. Die App tut nicht was sie soll.
  2. Die App wird, nachdem ich sie gekauft habe, deutlich preiswerter oder gar umsonst angeboten.

Auch wenn es nicht ganz fair ist, so sehe ich bei Reeder for IPad diese beiden Punkte als eingetreten ein:

  1. Reeder for iPad hat seine Funktionsfähigkeit am 1.7. verloren.
  2. Bevor Silvio Rizzi die App aus dem App-Store genommen hat, war sie für Wochen kostenlos erhältlich (und die iPhone-Version ist es noch).

Ja, die Kompatibilität mit Fever war zum Zeitpunkt des Kaufes kein Feature, aber in Reeder for iPhone wurde dieses Feature rechtzeitig nachgerüstet.

Und ja, ich kann die Gründe nachvollziehen, die Silvio Rizzi dazu gebracht hat, die Apps kostenlos anzubieten.

Dennoch…

Fazit

Eigentlich habe ich nur einen Ersatz-Feed-Reader als kurzfristige Zwischenlösung gesucht. Die zu überbrückende Zeit ist nun nicht mehr kurz. Und Mr. Reeder hat sich für mich als die bessere Lösung entpuppt; sofern der Neue Reeder nicht mit ungeahnten Features überrascht. Und die Sympathie, die mich oft an gewohnten, manchmal nicht mehr ganz konkurrenzfähigen Produkten kleben lässt, ist verspielt.

Daher glaube ich nicht, dass es zu früh ist für ein Adieu Reeder6


  1. Tatsächlich war Sunstroke damals gerade erst vom iPhone auf das iPad “gesprungen”, ohne dass es eine generelle Anpassung und Überarbeitung gegeben hatte. Zwischenzeitlich hat sich beim Aussehen von Sunstroke Einiges getan.

  2. Auch wenn 3,59 Euro nicht wirklich die Welt sind und ich um eine Erfahrung reicher war.

  3. Das mag die meisten Benutzer nicht stören. Für mich ist es wichtig, dass ich alle Artikel im Zugriff habe. Auch wenn ich einen Artikel bereits gelesen habe, ist es nicht ausgeschlossen, dass ich nochmal etwas nachlesen möchte. Auch sind die Apps die einzige Möglichkeit eine als gelesen markierten Artikel wieder als ungelesen zu markieren, weil das Web-Front-End von Fever diese Funktion nicht bietet. Wenn die App diesen Artikel nicht lädt, dann ist mir u.U. dieser Weg verbaut.

  4. Wobei Mr. Reader bei der Zahl der unterstützten Apps und Dienste deutlich die Nase vorne hat.

  5. Während die Lösung von Ashes namens Share Anywhere eher an einen cruden Hack erinnert, bietet Mr. Reader eine in die UI integrierte Lösung an.

  6. Also zumindest zunächst auf dem iPad. Auf dem iPhone hat Reeder noch eine Gnadenfrist.

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