Den Wecker habe ich aus dem Nachlass eine Freundin. Sie wird ihn wahrscheinlich aus dem Nachlass ihrer Eltern haben; ihr Vater war Braun-Fan. Bei einem letzten Rundgang durch ihre Wohnung, die mal die Wohnung von meiner Frau und mir gewesen war, sah ich den Wecker im Regal stehen. Er lief nicht – leere Batterie, meine Vermutung – und wartete mit dem Rest des Hausstandes auf die Entsorgung. Ein zu zeitlos schönes Stück, um es in den Container wandern zu lassen, dachte ich, und nahm ihn mit.
Nun hatte ich den Wecker, aber keine Bedienungsanleitung. Aber das sollte ja kein Problem sein, denn meine bisherigen Erfahrungen mit Funkuhren – auch wenn ich bisher nur wenige besessen habe – ließen vermuten, dass ich einfach nur eine neue Batterien einlegen müsse und der Wecker würde sich stellen.
Funkuhrstellen ist doch nicht leicht
Beim ersten (und vermutlich zweiten und dritten) Versuch lief die Uhr, nachdem ich die Batterie eingelegt hatte, einfach ab der Uhrzeit weiter, zu der stehen geblieben war und machte keine Anstalten, sich auf die richtige Uhrzeit einzustellen. Auch nachdem einige Zeit vergangen war, erfolgte keines der mir bekannten Manöver, mit denen sich analoge Funkuhren neu stellen; beispielsweise jenes hektische Zeigerdrehen, bis alle Zeiger auf 12-Uhr-Position sind, um dann – nach einer theatralischen Pause – die Zeiger in gleicher Betriebsamkeit in die richtige Position zu bringen.
Am Batteriefach fand sich ein Taster mit der Beschriftung stop start, dessen Benutzung bei den folgenden Versuchen einen Stellvorgang initiierte, der jedoch in einer völlig falschen Zeitanzeige endete.
Mit Erfolg zur relativen Zeit
Nach einigen erfolglosen Versuchen und kurz davor, den Wecker als kaputt abzuschreiben, fiel mein Blick auf einen auf der Innenseite des Batteriefachdeckels angebrachten Aufkleber mit dem folgenden Text:
Wichtiger Hinweis
Beim ersten Einlegen der Batterie den Sekundenzeiger mit der Taste «stop/start» im Batteriefach auf «12.00» anhalten, Minuten- und Stundenzeiger auf die letzte volle Stunde der aktuellen Zeit stellen. Z.B. 10:45 = auf Minuten auf «12:00» und Stunden auf «10:00».
Nachdem ich diesen Anweisungen gefolgt war, stellte sich der Wecker mit dem üblichen Kreisen der Zeiger auf die korrekte Zeit.
Um diesen Funkwecker zu stellen, benötigt man also die ungefähre Zeit1, damit man die Zeiger in die richtige Ausgangsposition bringt. Der Wecker verstellt dann die Zeiger relativ zur Ausgangsposition entsprechend den seit der letzten vollen Stunde vergangenen Minuten.
Weiß man nicht, dass man die Zeiger auf die richtige Ausgangsposition stellen muss, oder vertut man sich dabei, dann bekommt man eine seinem Wissen und Fähigkeiten entsprechende relative Uhrzeit angezeigt. Interessantes Konzept.
Restriktion oder Feature
Nun bliebt analog der klassischen Frage Is it a bug or a feature? die Überlegung Restriktion oder Feature?
Von der Aufmachung her – man beachte den unschönen blauen Aufkleber Funkuhr – könnte es sich um ein frühes Modell handeln2, das noch keine Möglichkeit hatte, selbst die Zeigerposition zu ermitteln, um anhand dieser Information die Zeiger korrekt zu stellen. Beim Stellen erfolgt auch keine sonst übliche automatische Kalibrierung auf 12:00 Uhr.
Diese fehlende Funktion würde für mich jedoch nicht das Vorgehen erklären, dass man die Uhr auf die aktuelle Stunde voreinstellen muss. Es wäre doch viel naheliegender alle Zeiger auf die 12-Uhr-Position zu bringen, weil der Benutzer dann beim Einstellen keinerlei Kenntnis der aktuellen Zeit haben müsste.
Auf der anderen Seite bietet der gewählte Ansatz die Möglichkeit den Wecker auch in anderen Zeitzonen unter Verwendung des DCF77-Signals einzustellen, indem man die jeweilige “glatte” Stunde der Ortszeit einstellt und nur die Minuten nachgestellt bekommt. Bei einer Full-Service-Lösung, die auch die Stunde einstellt, muss die Uhr eine Funktion haben, mit der man den Zeitzonenversatz einstellt. Da dem Braun AB 314 fsl eine solche Funktion zu fehlen scheint3, wird aus der befremdlichen Vorgehensweise beim Stellen durchaus sowas wie ein Feature.
Nagelprobe WInterzeitumstellung
Heute war das erste Mal, seitdem ich den Wecker habe, die Zeitumstellung. Auch mehr als sechs Stunden nach der Umstellung zeigte der Wecke – fast erwartungsgemäß – die alte Zeit an. Jetzt wo ich weiß, wie es geht, war die Uhr schnell gestellt.
Aber gerade an einem jener beiden Morgende in Jahr, an dem Funkuhren ihren Vorteil ausspielen können, hat der Wecker versagt und mich im Stich gelassen. Bei der nächsten Umstellung werde ich ihm mehr Zeit lassen; vielleicht braucht er sie ja. Aber meine Erwartung ist nicht groß. Wenn er Ende März wieder versagt, muss ich mir überlegen, was ich mache; mitspielen oder aufgeben.
Update: Im März hat die automatische Umstellung auf die Sommerzeit funktioniert.
In letzteren Fall würde ich wohl die Uhrzeit auf UTC stellen und bei jedem Ablesen etwas Gehirnjogging machen.
Wegwerfen kommt auf jeden Fall nicht in Frage.
- Ungefähre Zeit hört sich harmloser an, als es ist, denn wenn man nicht weiß, ob es kurz vor oder kurz nach der vollen Stunde ist, vertut man sich hier um eine ganze Stunde. ↩
- Leider hat Google keine tiefergehenden Erkenntnisse zum Gerät und dessen Alter ergeben. ↩
- Mir fehlen ja Verpackung und Bedienungsanleitung und via Google wurde ich auch nicht fündig… ↩
Funkuhr ist nicht schlecht, aber auch nicht max. gut. Batteriewechsel un d mal sehen was passiert?
Hoffentlich was mit Funk und genauer Zeit
Andere Funkuhren stellen sich nach dem Batteriewechsel selbst. Bei der Braun AB 314 wird man wohl wieder die Stunde einstellen müssen…
Muss man die Taste «stop/start» andermal berühren um den Wecker die Zeiger verstellen lassen zu können?
Gute Frage. Ist schon eine paar Jahre her und ich kann nicht nicht mehr richtig daran erinnern.
Ich glaube der Wecker legte nach einer gewissen Zeit von selbst los. Einfach ausprobieren. (Meiner steht schon länger, nachdem er seine Batterie ausgenuckelt hat.)