Kindle — nach zwei Jahren noch keinen Umgang damit gefunden

Amazons Kindle ist böse. Die Bücher sind im DRM gefangen, können nicht verliehen1, getauscht, verschenkt, verkauft, vererbt2 oder einfach nur auf ein anderes System übertragen werden. Wenn Amazon einen schlechten Tag, kann es einem den Account sperren und dann ist Schluß mit lustig. Geht Amazon irgendwann mal den Bach runter, dann sieht es auch finster aus3. Der Lock-In in dieses DRM-Gefängnis kann dazu führen, dass in naher Zukunft der Zugriff auf einen großen Teil unserer Literatur gefährdet ist4. Die Kindles sind anhänglich und telefonieren nach Hause. Amazon kann so erfahren, wann ich was in welcher Geschwindigkeit lese.

Amazons Kindle ist cool. Ich lese meine Bücher zumeist auf dem klassischen Kindle (keine Tastatur, kein Touch, keine Beleuchtung). Letztlich sitze ich beim Arzt im Wartezimmer und langweile mich. Kurzentschlossen zücke ich das iPhone und lese mit der Kindle-App für iOS genau an der Stelle weiter, an der ich Tage zuvor auf dem Kindle aufgehört hatte. Heute verkündet mir mein Kindle, dass der Akku geladen werden muss. Ich nehme mein Nexus 7, lade die Kindle-App für Android, lade das Buch und finde genau die Seite aufgeschlagen, die ich zuvor gelesen habe. Zugriff auf meine Bücher über Geräte- und Systemgrenzen hinweg. Alles im Sync. Und Alles wiegt nur einen Bruchteil dessen, was ein einzelnes Buch wiegen würde; unabhängig davon, wie viele Bücher ich mit mir rumschleppe.

Wie so vieles in der digitalen, cloudlastigen Welt hat der Fortschritt seine Vor- und Nachteile. Oft denken wir nicht über die Nachteile nach und wählen den Weg des vermuteten größeren Komforts.

Ich sehe die Gefahren von Kindle & Co, kann dennoch die Finger nicht davon lassen. Seit gut zwei Jahren ringe ich um einem Umgang mit diesem Medium. Damals hielt als Begründung her, dass ich so die gut 5 kg Bücher trotz der schon ausgereizten Freigepäckgrenze mit in den Urlaub nehmen konnte (und die Papierfassungen schon besaß). Mittlerweile ist meine Kindle-Bibliothek schon angewachsen und ich besitze auch schon einige Bücher nur noch in Form von Kindle-Bytes5.

Und ich ringe noch…


  1. Es gibt zwar einen Mechanismus, über den man Bücher in eingeschränktem Umfang verleihen kann, jedoch ist diese Option für die meisten Bücher deutscher Verlage gesperrt. 
  2. Sicherlich kann man Kindle-eBooks vererben, indem man die Credentials für den zugehörigen Amazon-Account weitergibt. Aber der Erbe könnte das Vermächtnis nicht in seine eigene Bibliothek aufnehmen, sondern hätte eine zweite, getrennte Bibliothek. Egal, er selbst Kindle nutzt oder ein anders System. 
  3. Ja, die Bücher können auch ohne Amazons Server auf dem Reader gelesen werden, aber wenn der mal kaputt geht, wird des eng. Auch die lokale Ablage auf dem eigenen Rechner ist keine dauerhafte Lösung, wenn Amazon nicht mehr existiert. 
  4. Wir haben heute schon das Problem, dass aufgrund der überlangen Schutzfristen ein (zu) großer Teil der Literatur des letzten Jahrhunderts nur noch antiquarisch erhältlich ist. Aber bei DRM-gesichterten eBooks wird es keine Antiquariat geben (können). 
  5. Hierbei handelt es sich aber zumeist um Bücher, die ich mir in Papier nicht gekauft hätte. 

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