Folter-Fake zum Jahreswechsel

Am 30.12.2005 ließ der Bund Deutscher Juristen (BDJ) auf seiner Website verlauten:

BDJ unterstützt Folterforderung von Bundesinnenminister Schäuble

Der Bund Deutscher Juristen (BDJ) unterstützt die Folterforderung von Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble. Anlässlich der aktuellen Debatte stellt der BDJ-Vorsitzende und Strafrichter am Bundesgerichtshof Dr. Claus Grötz klar: „Das Leben unschuldiger Opfer besitzt einen höheren Wert als die körperliche Integrität von Verbrechern. Wir müssen jetzt Tabus brechen. Die Gewinnung von Aussagen mittels leichter Foltermaßnahmen und die Verwertung solcher Aussagen sind zukünftig möglich zu machen. Unsere Behörden stehen unter ungerechtfertigtem moralischen Druck, wie der Fall Gäfgen und die Terroristenverfolgung zeigen.“

Es dauerte einige Tage bis der BDJ und seine Website als Fake enttarnt wurden.

Bis dahin wurde die Pressemeldung in unaufgeregter Geschäftigkeit von diversen Medien (Spiegel Online, MDR, AP) aufgenommen und verbreitet. Nachdem nun bekannt ist, dass es sich um einen Fake handelt, sind die Meldungen in den Online-Medien weitgehend verschwunden und die Aufrufe führen zu ein Fehlermeldung (z.B. bei Spiegel Online, eine Spur, dass es den Artikel gegeben hat, findet sich nur noch bei Google News).

Um die Story abzusichen, haben die Macher neben der Website des BDJ bei Wikipedia einen Artikel zum Bund Deutscher Juristen eingestellt, der am 01.01.2006 wieder gelöscht wurde. Dieses Deteil dürfte leider wieder Munition für diejenigen sein, die die Wikipedia für nicht verlässlich halten. 🙁

Zunächst einmal zeigt der Vorfall, wie selbstverständlich heute die Forderung nach der Freigabe der Folter leider geworden ist. Seit den Ereignissen im Jahr 2001 ist leider eine Situation eingetreten, in der der Abbau von Grundrechten im Namen der Terrorbekämpfung als notwendig und sogar zulässig angesehen wird. Das Thema Folter ist auch kein Tabu-Thema mehr, sodass entsprechende meldung einfach als Tagesgeschäft durchlaufen.

Weiterhin zeigt uns das Geschehe, wie leicht sich die modernen Medien täuschen lassen und man Desinformationen schnell und leicht verbreiten kann.

Blog-Postings zum Thema:

[via rabenhorst]

Nachtrag:
Die Urheber des Fakes scheinen auf der Website „ihres“ BDJ’s das Echo auf ihre Aktion zu sammeln.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kommentare abonnieren

Es erfolgt keine Weitergabe von Daten an externe Dienste wie WordPress.com.

eMail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren.
Auch möglich: Abo ohne Kommentar.