Dann kaufe ich eben bei Amazon

Seit gut 15 Jahren bin ich Amazon-Kunde. Anfangs habe ich dort dort nur Bücher gekauft (ganz schrecklich böse, ich weiß), aber mit der Zeit1 sind es immer mehr Warengruppen geworden, die ich von dort beziehe2 (wird ja immer böser…).

Als Amazon Lebensmittel ins Sortiment aufgenommen hat, habe ich heftig mit dem Kopf geschüttelt und es für mich ausgeschlossen, dass ich von dort je Lebensmittel beziehen werde.

Nun ist es aber passiert.

Seit einiger Zeit trinken wir gerne Dallmayr French Press Selection. Diesen Kaffee gibt es bei uns in der Nähe nur in einer Filiale der Lebensmittelkette Kaiser’s.

Dort habe ich den Kaffee in den letzten Monaten regelmäßig gekauft. Doch vor ein paar Wochen prallte ich beim Griff ins Regal an einer verschlossenen Plexiglastür ab. Die herbeigerufene Verkäuferin erklärte, dass es zuvor einen größeren Diebstahlversuch gegeben habe, bei dem der Ladendieb eine große IKEA-Tüte voll mit Kaffee durch die Kasse bringen wollte. Weiterhin erfuhr ich, dass der Schlüssel an der Fleischtheke deponiert sei.

Nachdem ich mich einige Male brav an der Fleischtheke angestellt habe, platzte mir der Kragen, als die Mitarbeiterin mein Ansinnen mit dem Spruch Da ham’se aber Glück, dass ich das mache, in anderen Filialen macht das die Kasse! kommentierte.

Im anschließenden Gespräch mit dem Filialleiter, erklärte mir dieser wortreich die Situation und versprach zu prüfen, ob man “unseren” Kaffee in den unverschlossenen Teil des Regals umziehen könnte3.

Nachdem ich gestern festgestellt hatte, dass sich an der Regalaufteilung nicht geändert hat, habe ich heute den Produktnamen in die Suchzeile von Amazon eingegeben. Dort fand sich das Produkt für genau den Preis wie im Laden. Dank Amazon Prime ist auch die Lieferung kostenneutral4.

Ein komisches Gefühl bleibt schon, dass ich mir Kaffee, den ich im Supermarkt in der Nähe zum gleichen Preis bekomme, von Amazon schicken lasse. Da schwirren mir nicht nur Schlagworte wie Buy local!5, Steuervermeidung oder Arbeitsbedingungen in den Auslieferungslagern durch den Kopf. Meine Frau äußerte auch ihr Unverständnis6.

Man kann noch länglich über den Sinn oder Unsinn meiner Entscheidung diskutieren. Aber für mich ist nur Eins wichtig: Ich muss mich nicht mehr an der Fleischtheke anstellen, um mir ein ein paar Pakete Kaffee aus dem Regal geben zu lassen.


  1. Zeit nicht nur im Sinne von Zeitablauf, sondern auch von immer knapper werdender verfügbarer Zeit.

  2. Letzte Wochen haben wir ein Pfund lebende Regenwürmer über Amazon bestellt…

  3. Der Filialleiter erklärte aber auch, dass es in den Regalen eine fest vorgegebene Anordnung der Marken und Produktgruppen gibt, sodass ich recht skeptisch war, ob man dort etwas umsortieren könnte.

  4. Man könnte anführen, dass ich die Kosten für Prime anteilig umlegen müsste, sodass der Versand doch nicht kostenneutral ist, aber Prime ist so oder so bezahlt. Im Gegenteil, je mehr ich bestelle, desto besser ist mein Prime-Gefühl; und Amazon hat mich erfolgreich manipuliert.

  5. Ja, ich weiß, ist im Kern eigentlich etwas anderes gemeint. Hier belege ich es mit: Kaufe im Umfeld, damit im Umfeld Arbeitsplätze entstehen erhalten bleiben.

  6. Genau jene MeineFrau™, die – nachdem ich ihr das mit dem Kaffee im Schrank erzählt hatte – spontan ihr Unverständnis äußerte, dass ich dort noch einkaufen würde.

Ein Gedanke zu „Dann kaufe ich eben bei Amazon

  1. Die Geschichte finde ich sehr interessant. Ich bestelle mittlerweile auch ziemlich viele Produktgruppen online. Die lokalen Geschäfte besuche ich wegen dem Service und der Beratung. Wenn das aber so läuft, ist es sehr nachvollziehbar den komfortablen Weg zu wählen und auch schön Zeit zu sparen.

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