Ausfall bei car2go am 31.05.2013

Vorgestern war ich etwas spät dran und beschloss daher, statt mit der BVG zu fahren, mir einen Smart von car2go zu mieten. Gut 20 Minuten später war mir klar, dass das an diesem Tag keine gute Idee gewesen ist.

Nachdem ich das Haus verlassen hatte, zückte ich mein iPhone, startete die car2go-App, suchte mir ein Auto aus1 und reservierte es. Leider waren nur wenige Autos in der Nähe verfügbar, sodass ich ein ganzes Stück laufen musste.

Als ich endlich beim Auto angekommen war, hielt ich meine car2go-Karte an das Lesegerät hinter der Windschutzscheibe und es passiert nicht, was ich erwartete. Das Display leuchtete endlos um mir dann mitzuteilen, dass ich das Fahrzeug nicht mieten könnte, weil es reserviert sei. G***verdammt, ich habe den Wagen reserviert! dachte ich und versuchte es erneut. Beim nächsten Versuch teilte mir die Steuereinheit mit, dass der Wagen nicht angebunden sei.

Da mir die Zeit weglief, wollte ich es nicht weiter probieren. Ich stornierte die Reservierung, suchte mir mit der App den nächstliegenden Wagen und reservierte diesen. Ich bekam wie üblich die Reservierungsbestätigung per SMS und war bei der Ankunft am Fahrzeug überrascht, dass dieses sich als frei anbot und nicht auf die vorliegende Reservierung hinwies. Aber sonst das gleiche Ergebnis: Das Fahrzeug sei nichtangebunden und könne deshalb nicht gemietet werden. Also wieder die Reservierung storniert2 und nächste das Auto gesucht (das ich dann schon nicht mehr reserviert habe).

Am Standort des nächsten Autos befanden sich zwei Smarts. Beide meldeten nach einer längeren Wartezeit, dass sie nicht angebunden sein, und ließen sich nicht anmieten.

Da nun klar war, dass car2go ein ernsthafte Problem hatte, gab ich auf, fuhr BVG und kam zu spät.

Bereits auf dem Weg zur Bushaltestelle versuchte vergeblich die Hotline von car2go zu erreichen. Ich bekam endlos lange ein Freizeichen zu hören und wurde nach einige Zeit einfach aus der Leitung geworfen3. Daran änderte sich bis zum späten Nachmittags nichts.

Als ich wieder zuhause war, las ich dann bei heise.de von einer großflächigen Störung bei T-Mobile und dachte mir meine Teil dazu.

Als ich dann endlich die car2go-Hotline erreichte, erzählte man mir von einem europaweiten Serverproblem. Gestern morgen erhielt ich aufgrund meines Anrufes bei der Hotline eine eMail von car2go, die meine erste Vermutung bestätigte:

Durch einen kompletten Datenfunkausfall der deutschen Telekom war unsere Flotte europaweit nicht dazu im Stande Daten von car2go mit der Datenbank abzugleichen. Daher konnten in einem Zeitraum zwischen 9.30 Uhr bis ca. 12 Uhr keine car2go angemietet bzw. abgemietet werden.
Der Schaden war danach behoben und unsere Wagen sind nun wieder uneingschränkt nutzbar.

Im Nachhinein bin ich froh, dass das Problem bei mir beim An- und nicht beim Abmieten aufgetreten ist. So konnte ich mich Fahrzeug entfernen, ohne Konsequenzen zu fürchten.

Das Abmieten setzt ebenfalls eine Verbindung zur Zentrale voraus. Erst wenn die Karte erfolgreich gelesen wurde, endet die Mietzeit und das Fahrzeug verschließt sich. Ohne Anbindung tickt die Uhr uaufhaltsam weiter und der Wagen bleibt offen.

Hier stellt sich für mich die Frage, welche Fallback-Lösung car2go vorsieht. Ein Kollege berichtete mal von einem Problem beim Abmieten, das er telefonisch über die Notruffunktion des Fahrzeugs mit der Hotline gelöst hat. Aber die Hotline war beim gestrigen Vorfall (wie wohl auch einer Systempanne im Januar) hoffnungslos blockiert4. Auch stellt sich für mich die Frage, ob die Hotline Fahrzeuge “blind” ohne Online-Zugriff auf die Telemeriedaten abmietet. Weiterhin lag hier der “Glückfall” vor, dass “nur” die Datenverbindungen gestört waren. Was passiert bei einem Ausfall von Daten- und Sprachdiensten?

Der gestrige Vorfall hat mir gezeigt, dass wir an immer mehr Stellen verwundbar für Ausfälle von Infrastrukturen werden.

Sicherlich ist die Verfügbarkeit der car2go-Flotte als alles Andere als kritisch anzusehen. 1600 Fahrzeuge5 hört sich viel an, aber ist nur ein kleiner Teil des berliner Verkehrsaufkommens.

Dennoch zeigt sich wohin es geht: Wir werden mit immer “smarten” Lösungen leben (müssen), die auf bestimmte Infrastrukturen aufbauen.

Und ich befürchte, dass die Infrastrukturen zu einem immer größeren Problem werden. Denn auch hier herrscht “der Markt”, dass heißt Gewinnmaximierung geht über Alles. Das verträgt sich aus meiner Sicht nicht mit den Anforderungen an die Stabilität solcher Systeme.

Auch habe ich den Eindruck, dass die Komplexität der Systeme die Betreiber vor immer größere Probleme stellt. Die Zahl der Fachkräfte, die die Systeme beherrschen dürfte klein sein.

Das aktuelle Beispiel zeigt auch, dass es nicht hilft, dass man seine eigene Technik im Griff hat, wenn einem eine kritische Fremdressource wegbricht.

Das sind alles Binsenweisheiten, ich weiß. Und den Ausfall hat kaum jemand bemerkt oder gestört. Aber dennoch muss man sich immer wieder unsere immer weiter steigende Abhängigkeit von Funktionieren der Infrakstrukturen vor Augen halten.


  1. Das Geschäftsgebiet von car2go endet ca. 500m südlich von unserem Haus, sodass die Richtung in die ich zum nächsten verfügbaren Auto grob feststeht. Daher kann ich erst loslaufen und mir dann ein Auto suchen.

  2. In beiden Fällen erhielt ich auch jeweils eine Bestätigung der Reservierungsstornierung per eMail.

  3. Daran werden wir uns wohl gewöhnen müssen, weil seit heute die Warteschleife von Hotline kostenlos sein muss.

  4. Es ist zu hoffen, dass die Notrufe aus den Fahrzeugen mit Priorität angenommen werden.

  5. Frage mich, ob DriveNow die gleichen Probleme hatte.

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