Unkontrollierbar versperrt

§ 3 Pflichten des Internet Service Providers[…]
(5) Die Liste darf nur den für die Sperrung zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugänglich gemacht werden. Der ISP verpflichtet sich, die in den Listen enthaltenen Angaben nicht an Dritte weiterzugeben oder sonst zu verwenden. Er hat sie durch geeignete Maßnahmen gegen die Kenntnisnahme durch Dritte zu sichern.Er hat überdies sicherzustellen, dass alle Personen, die mit der Sperrung der VDN betraut sind, die in der Liste enthaltenen Informationen nicht an Dritte weitergeben oder sonst verwerten. Diese Verpflichtungen gelten auch im Falle einer Beendigung des Vertrages fort.
[…]

[Auszug aus dem vom CCC veröffentlichten Vertragsentwurfes des BKA]

Obiger Text stellt den § 3 Abs.5 des Vertragsentwurfes dar, mit dem das BKA die ISPs zur freiwilligen Blockade von der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte verdächtiger Web-Sites verpflichten will.  

Ob man das häßliche Z-Wort in diesem Zusammenhang bemühen kann/soll/muss, weiß ich nicht. Wenn nun aber der ISP nicht über den Inhalt der Sperrliste sprechen darf, dann wird das ungute Gefühl immer stärker. Passt es zu unserer demokratischen Gesellschaft, wenn man nicht über die Dinge sprechen darf, die man den Bürgern zu sehen verbietet?

Nun wird die Argumentation kommen, dass es sich um Kinderpornographie handelt, für die es kein Pardon geben darf. Dem kann man insoweit zustimmen, dass es unstrittig sein sollte, das man etwas Wirksames dagegen tun muss.

Aber es muss wirksam sein und im Sinne unserer freiheitlichen Gesellschaft transparent.

Über die Unwirksamkeit ist man sich in Fachkreisen wohl einig. Eine Lösung die alleine auf der Manipulation des DNS-Systems basiert ist unwirksam. Mit einfachsten Mitteln ist sie zu unterlaufen.

Mit dem obigen Verbot der Weitergabe von Informationenist sie in meinen Augen auch nicht transparent, denn ich glaube nicht, dass das BKA sie veröffentlichen wird. Niemand Außenstehendes kann sich informieren, welche Sites gesperrt sind. Damit kann man sich auch kein Bild davon machen, ob diese Maßnahme von wem auch immer missbraucht wird. Sowas darf es meiner Meinung nach in einer freien und demokratischen Gesellschaft nicht geben.

Wenn man sich noch die beiden folgenden Regelungen des Vertragsentwurfes liest, dann kann es einem schon kalt den Rücken runter laufen:

§ 3 Pflichten des Internet Service Providers

[…]
(3) Dem ISP wird nicht gestattet, vom Bundeskriminalamt bezeichnete VDN von Sperrmaßnahmen auszunehmen. Dem ISP bleibt es unbenommen, die vom Bundeskriminalamt überlassene Sperrliste mittels eigener sog. Whitelists im Wege eines automatisierten Verfahrens auf offensichtliche Mängel zu prüfen. Sollte der ISP feststellen, dass diese VDN enthält, bei deren Sperrung Rechte unbeteiligter Dritter berührt wären, gilt § 5 des Vertrages. Die Verpflichtung des ISP nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 S. 3 dieses Vertrages bleibt von der Befugnis nach Satz 2 dieses Absatzes unberührt.
[…]

§ 5 Störungen

Sollten das Bundeskriminalamt oder der ISP Umstände feststellen, die eine ordnungsgemäße Vertragsdurchführung gefährden (Störung), sind beide Parteien verpflichtet, einander hierüber unverzüglich in Kenntnis zu setzen und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Störung zu unternehmen. Betrifft die Störung die vom Bundeskriminalamt nach § 1 Abs. 1 S. 1 erstellte Sperrliste, verwendet der ISP bis zur Beseitigung der Störung die zuvor vom Bundeskriminalamt bereit gestellte und umgesetzte Sperrliste.

Aha, also auch wenn der ISP feststellen sollte, dass die vom BKA erstellte Sperrliste Domains (VDN) enthält, auf denen offensichtlich keine kinderpornografischen Inahlte angeboten werden, dann ist er dennoch verpflichtet die Sperrung durchzuführen. Und zwar solange, bis das BKA geruhen eine Korrektur vorzunehem. Also im Zweifelfall bis zum Ende des Internets.

Das solche Regelungen bei Vielen die Alaramglocken schrillen lassen, wundert nicht.

Es wird deutlich, dass das Bundesinnenministerium mit dem Thema Kinderpornographie und der Flankierung durch Familienministerin von der Leyen offenbar einen Bereich herausgesucht wurde, mit dem am ehesten gesellschaftliche Akzeptanz für Sperrmaßnahmen erreicht werden kann. Wenn aber eine solche Infrastruktur erst einmal vorhanden ist, wird eine Ausweitung auf andere Themenbereiche – seien es sogenannte terroristische Propaganda oder Verstöße gegen Urheberrechtsbestimmungen – ein Leichtes sein.
[CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn, Pressemeldung des CCC]

Wer meint, dass man hier zu schwarz sieht, der sei an die Mautbrücken erinnert. Die sollten ja auch nur und ausschließlich für die Mauterhebung genutzt werden und für nichts Anderes. Zwischenzeitlich wollte man mit Ihnen auch schon Terrorristen jagen und es schwirrten auch schon erste Ideen herum, sie dazu zu nutzen, Raser zu ermitteln. Ob die Mautbrücken mit dem heutigen Wissen noch durchsetzbar sein würden, kann man in Frage stellen.

Und dieses Mal erscheint es noch schwieriger zu sein, gegen die Maßnahme zu sein, weil man schnell in den Verdacht kommt, damit nur menschverachtenden Kriminellen in die Hände zu spielen. Aber hier sollte man sich keinen Sand in die Augen streuen lassen. Die Maßnahme verhindert nichts und erschwert es auch Niemandem, der es wirklich will, an entsprechende Inhalte zu kommen. Mit ihr wird jedoch eine Linie überschritten, die man in einer freiheitlichen Gesellschaft aus meiner Sicht nicht überschreiten sollte. Und schon gar nicht, wenn es im aktuellen Fall nichts bringt.

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