Adams Äpfel / Adam’s Apples

Adam (40) ist ein dänischer Neonazi. Er ist gerade aus dem Gefängnis entlassen worden, was ein Grund zur Freude wäre, wenn er sich nicht für drei Monate in der dänischen Provinz in die Obhut des Pastors Ivan begeben müsste. Aber das ist die Bewährungsauflage.

Adam ist nicht der einzige Straffällige, der von Ivan betreut wird. Da ist noch Gunnar, ein trinkender, kleptomanischer Vergewaltiger und Khalid, ein arabischer Tankstellenräuber.

Das ist das Setting für einen drögen Problemfilm. Aber das ist Adam’s Apples (Adams Äpfel) ganz bestimmt nicht.

Schon nach kurzer Zeit merkt Adam (und mit ihm auch der Zuschauer), dass mit dem Pastor Ivan etwas nicht stimmt. Er ist salopp gesagt völlig „schmerzfrei“. Für ihn gibt es das Böse nicht und er ignoriert Alles, was nicht seinem Bild der Welt nicht entspricht. Dass Gunnar säuft und klaut, ignoriert er genauso wie die nächtlichen KreuzRaubzüge Khalids gegen die staatliche Tanksstellenkette Stat Oil. Auch die Tatsache, dass sein Sohn schwer körperlich- und geistigbehindert ist, hat er vollständig ausgeblendet. Gestärkt durch seinen – schon an Bessenheit gerenzenden – Glauben trotz er allen Widrigkeiten. Nein er trotz ihnen nicht nur, er duldet sie einfach nicht.

Das reizt Adam bis auf’s Blut. Sein einziges Ziel ist den festen Glauben Ivans zu zerstören. Doch der reagiert nicht wie gewünscht. Da ist zum Beispiel die Geschichte mit dem Apfelkuchen. Als Ivan Adam aufgibt sich eine Aufgabe für seinen deimonatigen Aufenthalt zu überlegen, antwortet dieser patzig, dass er einen Apfelkuchen backen will. Für Ivan ein durchaus einleuchtendes Ziel und so überträgt er ihm die Aufgabe, den Apfelbaum im Kirchgarten zu pflegen und mit der Ernte einen Apfelkuchen zu backen. Ivan kann man einfach nicht provozieren. Später muss Adam die Erfahrung machen, dass selbst rohe Gewalt nicht zum Ziel führt (die Szene ist nichts für zu zarte Seelen). Da muss sich Adam dann schon etwas anderes einfallen lassen. Bleibt die Frage, was siegt: Gut oder Böse.

Die Geschichte ist voll bitterbösem schwarzen Humor und nimmt teilweise irrwitzige Wendungen. Dennoch folgt man Regisseur Anders Thomas Jensen willig, denn rings um Ivans Kirchhof scheint einem vieles möglich.

Die Figuren sind ausnahmslos liebevoll gezeichnet und selbst der Neonazi Adam ist zwar ein Arschloch, aber dann doch nicht so richtig.

Adams Äpfel / Adam’s Apples war für mich einer der Höhepunkte des diesjährigen Fantasy Filmfestes und gehört zu den – sagen wir mal fünf – besten Filmen meiner diesjährigen Auswahl. Mein Frau und ich hatten sehr viel Spaß und ich habe auf dem Fantasy Filmfest selten so viel gelacht, wie bei diesem Film. Also eigentliche eine dicke Empfehlung.

Ich kenne aber auch einige Leute, denen ich diesen Film nicht empfehlen könnte, denn dieser Film ist – in meinen Augen angenehm – political incorrect. Man macht (zumindest in Deutschland) keine Späße mit oder über Neonazis, Pastoren, behinderte Kinder, ehemalige KZ-Wächter, Vergewaltiger, arabische Schläfer, den Glauben oder das Sterben. Und schon gar nicht geballt in einem Film. An der einen oder anderen Stelle wollte ich laut loslachen, aber gut konditioniert fragte ich mich Darf ich hierüber lachen?! Da war es sehr angenehm, dass wir den Film auf dem Fantasy Filmfest gesehen haben. Hier ist das Publikum in vielerlei Hinsicht freier.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kommentare abonnieren

Es erfolgt keine Weitergabe von Daten an externe Dienste wie WordPress.com.

eMail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren.
Auch möglich: Abo ohne Kommentar.